Beobachtungsmethoden

by Jeannine Wintzer

Beobachtung ist ein Verfahren die Aufmerksamkeit von Forschenden auf Objekte, Personen, Prozesse, Phänomene zu richten. Sie bildet die Grundlage jeder empirischen Forschungstätigkeit. Beobachtung kann gezielt oder zufällig, mit oder ohne Hilfsmittel (z.B. Kamera), einmalig oder wiederholt stattfinden.

Nichtteilnehmende Beobachtung
Externe Aufschreibung einer Situation durch Protokolle,  Tonaufnahmen, Filmaufnahmen

Teilnehmende Beobachtung                
Forschende sind Teil des Geschehens

Systematische Beobachtung                
gezieltes Erfassen eines Phänomens/Prozesses

Nichtsystematische Beobachtung
Gelegenheitsaufzeichnung eines Phänomens/Prozesses

Strukturierte Beobachtung                   
Beobachtung unter Zuhilfenahme von vorgegebenen Rastern

Unstrukturierte Beobachtung               
Beobachtung ohne Vorgaben

Offene Beobachtung                           
Die beobachteten Personen wissen, dass sie beobachtet werden

Verdeckte Beobachtung                       
Die beobachteten Personen wissen nicht, dass sie beobachtet werden

Selbstbeobachtung                              
Forschende beobachten sich selbst (siehe Autoethnographie)

Fremdbeobachtung                             
Forschende beobachten „andere“ Personen

Direkte Beobachtung                          
Das Geschehen passiert während der Beobachtung

Indirekte Beobachtung                        
Nicht das Geschehen, sondern dessen Auswirkungen werden beobachtet

Provozierende Beobachtung                
Initiierung und/oder Steuerung des Geschehens durch die Beobachtenden

Beobachtung in natürlichen Kontexten 
Beobachtung einer Alltagshandlung (z.B. Straße)

Beobachtung in künstlichen Kontexten
Beobachtung einer hergestellten Situation (z.B. Labor)

Einzelbeobachtung                             
Ein/e singuläre/s Situation/Person/Objekt/Phänomen wird beobachtet

Gruppenbeobachtung                          
Eine Gruppe von Personen wird beobachtet

Immobile Beobachtung                       
Beobachtung erfolgt von einem festgelegten Ort aus

Mobile Beobachtung                           
Beobachtung erfolgt unter Veränderung des Beobachtungsortes (z.B.  Spaziergang mit der zu beobachtenden Person „Verfolgung“ der zu beobachtenden Person)

Videobeobachtung
Die direkte Beobachtung durch Forschende kann durch Kameratechnik ersetzt werden. Die Forschenden sind (meist) nicht anwesend, um die „Natürlichkeit“ der Situation nicht zu stören.

Spaziergänge
Materialität und Sozialräumliches erlaufen

Ethnomethodologische Interaktions- oder Prozessanalyse
Erfassung von Rollenbeziehungen in Gruppen

  • Smart, B., K. Peggs & J. Burridge (2013): Observation Methods. London: Sage.

 

Produkte von Beobachtung können sein: Notizen, Kritzeleien, Feldtagebucheinträge, Memos, anekdotische Aufzeichnungen, aufgezeichnetes Ton- und Bildmaterial, Fotos, Soziogramme (Diagramme von Netzwerken), mind maps, Zeitpläne, Situationsbeschreibungen. Grenzen der Beobachtung werden durch observation bias beschrieben wie expectancy bias. Zur Verringerung von obervation bias empfehlen sich – wenn möglich – „blinde“ BeobachterInnen, Personen, die mit dem Forschungsziel nicht vertraut sind und die Reflektion initiieren (sollen).

  • Watson, A. & K. E. Till (2010): Ethnography and Participant Observation. In: DeLyser, D., S. Herbert, S. Aitken, M. Crang & L. McDowell (eds.): The SAGE Handbook of Qualitative Geography. London: Sage, 121–136.
  • Pierce, J. (2015): Walking as Method: Toward Methodological Forthrightness and Comparability.
    In: Urban Geographical Research. In: The Professional Geographer 67, 4, 655–662, https://doi.org/10.1080/00330124.2015.1059401.
  • Bürgin, R. (2020): Wissen mal ganz konventionell unkonventionell: Stadt verstehen mit Lucius Burckhardt. In: sub\urban. Zeitschrift für Kritische Stadtforschung 8, 3, 231–240, https://doi.org/10.36900/suburban.v8i3.529.
  • Cole, G. A. J. (1907): Beobachtung als Grundlage der Geographie. Nature 75, 483–484.
  • Pott, A. (2005): Kulturgeographie beobachtet. Probleme und Potentiale der geographischen Beobachtung von Kultur. In: Erdkunde 59, 2, 89–101.
  • Tuma, R. (2018): Video-Interaktionsanalyse. Zur Feinauswertung von videographisch erhobenen Daten. In: Morit, C. & M. Corsten (Hrsg.): Handbuch Qualitative Videoanalyse. Wiesbaden: Springer VS, 423–444, 10.1007/978-3-531-18732-7_6.
  • Trivedi, M. M. & B. T. Morris (2013): Understanding Vehicular Traffic Behavior from Video: A Survey of Unsupervised Approaches. In: Journal of Electronic Imaging 22, 4, 041113.
    vom Lehn, D. (2018): Ethnomethodologische Interaktionsanalyse. In: Moritz, C. & M. Corsten (Hrsg.): Handbuch Qualitative Videoanalyse. Wiesbaden: Springer VS, 183–196.